29 August, 2017

Warum heißt jeder Tag "heute" - 5 Tipps Kindern ein Gefühl von Zeit zu vermitteln

Warum heißt jeder Tag "Heute" und warum ist niemals "Morgen?

Mit dieser Frage hat mich das Zuckermädchen schon im vergangenen Jahr ins Grübeln gebracht.
Sie war regelrecht verzweifelt, weil "Morgen" einfach unerreichbar schien. Begründet dadurch, dass wir Erwachsen völlig selbstverständlich jeden Tag aufs neue von "Morgen" berichteten.
Morgen gehen wir Eis essen.
Morgen musst du zum Arzt.
Morgen kommt eine Freundin vorbei.
Morgen ist endlich Urlaubsanfang.
Dieses "Morgen" musste also etwas ganz besonderes sein, wenn sich die Events an diesem ominösen Tag so ballen sollten.






Kindern fällt die Einschätzung von Zeit schwer. Ebenso wie die Einordnung von Zeitabgaben. Es ist zu abstrakt und nicht greifbar. Noch dazu ändert sich das Empfinden von Zeit von Situation zu Situation.
Ihr erinnert euch sicher selbst wie eeeewig laaaange es dauern konnte, wenn die Mama verkündete es wären "nur noch zwei Wochen bis Weihnachten" oder wie unglaublich lang eine halbe Stunde sein konnte, wenn man sie im Wartezimmer beim Arzt verbrachte. Sich in die Welt der Kleinen hineinzudenken, ist wichtig, um Zeitangaben verständlich zu vermitteln. Was für uns ganz verständlich ist, ist für unsere Kinder wie eine Fremdsprache.





Das Zuckermädchen kennt die verschiedenen Zeitkategorien mittlerweile zwar, aber es ist für sie noch immer sehr undurchsichtig. Wer soll denn da auch durchsteigen?

Heute, Morgen, Gestern, Übermorgen. 
Montag, Dienstag, Mittwoch
Vormittag, Nachmittag, Mittag, Abend. 
Frühstück, Abendessen, Mittagessen.
8 Uhr, 20 Uhr, Halb Acht, Zwanzig nach Zehn, Neunzehnuhrfünfundzwanzig

Noch schlimmer machen es nur noch Begriffe wie, gleich, bald, später, nachher die selbst in der Erwachsenenwelt nicht definiert sind. Manchmal ist es so verwirrend für das Mädchen, dass sie mich beim Abendessen fragt, ob sie denn heute schon im Kindergarten war oder ob sie noch hin muss.


Das Chaos wird perfekt, wenn die zeitlich durchgetakteten, meist auch berufstätigen Eltern ihren Tagesablauf planmäßig durchziehen wollen und die Kleinen mit Augen groß wie Unterteller daneben stehen und die Hektik gar nicht verstehen. "In 5min müssen wir zur Kita" klingt für die Kinder genauso wenig dramatisch wie "Die Bahn fährt in 30min" oder "In zwei Tagen haben wir einen wichtigen Termin". Worte wie Beeilen oder Zeitdruck können die Kinder mit einer unfassbaren Gelassenheit ignorieren. Als seien sie im Wortschatz gar nicht vorhanden.

Was kann man machen, um es den Kindern zu erleichtern, langsam ein Verständnis für Zeit zu entwickeln? Und um vor allem für weniger Ärger und Missverständis im Alltag zu sorgen.




1. Rituale
Fügt Rituale statt Uhrzeiten und Termine in euren Alltag ein. Viele Mamis und Papis haben bereits abendliche Rituale, die den Kids schon im Kleinstkindalter suggerieren sollen: Schlafenszeit! Die obligatorische Gute-Nacht Geschichte oder auch die Folge Sandmännchen, das gemeinsame Abendessen zuvor oder das Bereitlegen von Kleidung für den nächsten Tag. Das kann man ebenso auf die anderen Tageszeiten umschichten. Rituale geben dem Kind Stabilität und Sicherheit und helfen den Rhythmus des Tages zu erkennen.

2. Handlungsabläufe statt Zeitangaben
Wie lange noch? Wann endlich? Die Fragen beantwortet man am Besten mit Zeitangaben, die die Kinder besser fassen können. "So lange, wie deine Lieblings-CD dauert", "So lange wie der Weg zum Kindergarten dauert", "Noch zweimal schlafen",

3. Berichtserstattung
Lasst euch beim Mittagessen (oder kurz danach) vom Vormittag im Kindergarten oder bei der Oma berichten. Das kann auch zu einem Ritual werden, dass den Tag für das Kind in Vormittag und Nachmittag teilt. Auch besonders schön und hilfreich ist es Abends im Bett gemeinsam den Tag Revue passieren zu lassen. Was haben wir heute erlebt? Was hat uns gut gefallen?

4. Spiel integrieren
Kinder leben in der Gegenwart. Das war vorher passiert ist oder was später noch passieren wird, wird besonders im Spiel zur absoluten Nebensache. Sind Kinder im Spiel, vergessen sie Zeit und Termine und sind hochkonzentriert. Ihr kennt das alle von empörten Ausrufen, wie: "Och nöööö! Ich spiel doch gerade so schön!", selbst wenn man vekündet, dass man jetzt zu einer Verabredung zum Eis essen aufbrechen will.
Deshalb ist es manchmal sinnvoll, das hier-und-jetzt in den nächsten Termin zu integrieren. Anstatt dem Kind trocken mit dem Aufbruch zum nächsten Termin zu schocken, kann man die Spielsachen gleich mitmachen lassen.
"Der Teddy will zum Doktor, weil sein Bauch doch so weh tut!"
"Komm, Oma und Puppe haben sich schon so lange nicht gesehen, die zwei haben sich verabredet!"
Oder auch gleich:
"Hey Zuckermädchen, lass uns unsere Überlebenszauberpakete (Kindergartentasche) packen, auf unsere Einhörner (Fahrrad) steigen und den geheimnisvollen Weg zu einem unbekannten, magischen Land (Kindergarten) erkunden! Aber vergiss nicht, dass du vorher noch deinen Tarnumhand (Jacke) und deine Feuerschuhe (Sneaker) anziehen musst! Hast du auch deinen Unsichtbarhelm (Fahrradhelm) dabei?"
Das funktioniert wie Zauberei und auf einmal ist das Kind ultimativ schnell. Damit der Zauber anhält, muss man das Spiel auf dem Weg natürlich weiterspielen.

5. Timer, wenn es stressig wird. 
So fad und technisch, wie das auch klingt. Der Timer ist mein Geheimtipp in sehr stressigen Situationen. Vielleicht agieren hier nicht alle Kinder gleich, aber das Zuckermädchen liebt den Lauf gegen die Zeit. Wenn ich also weiß, dass das Mädchen gerade völlig in Zeit und Raum verschwunden ist und ich gerade regelrecht getaktet meinen Tag abspule, stelle ich den Timer.
So gibt es zum Beispiel genau 15min zum Anziehen, 30min für das Mittagessen oder 20min zum Zimmer aufräumen. Die gesteckten Ziele müssen natürlich realistisch sein.
Meist ist das Mädchen deutlich schneller fertig und ganz stolz, das Ziel übertroffen zu haben. Mit dem regelmäßigen Blick auf den Timer lernt sie so auch langsam, wie schnell oder langsam die Zeit abläuft.
Man kann sich auch kleine Belohnungen ausdenken. So können die Minuten, die man über den Tag nicht gebraucht hat, in Fernsehzeit, Vorlesezeit oder Kuschelzeit investiert werden. Oder man lässt die Kinder noch etwas länger Minuten sammeln, die dann in eine gemeinsame Freizeitaktivität umgetauscht werden.


So klappt es immer besser!
Das Verständnis von Zeit, Uhrzeit, Jahreszeit, Tageszeit oder auch einfach "keine Zeit" wächst beständig. Es macht Freude, die Entwicklung zu beobachten.
Und letzten Endes, heißt es doch immer, dem Glücklichen schlägt keine Stunde.
Also lassen wir unsere Kinder doch einfach noch ein wenig zeitlos glücklich sein und helfen einfach nur ab und zu, langsam und geduldig nach.


Welche Tricks und Tipps wendet ihr an, um Kindern Zeit verständlich zu machen?
Habt ihr selbst auch schon Erfahrungen gemacht, wie eure Kids die Zeiten durcheinander gebracht haben?
Erzählt doch mal!

Lieblingsgrüße!

5 Kommentare:

  1. Oh ja - Kinder und Zeit. Meine Kleine ist jetzt 3, alles was nicht jetzt ist, ist morgen oder gestern - wobei sie morgen und gestern durchaus auch noch vertauscht, aber meist klappt die Reihenfolge schon ganz gut. Wenn sie also erzählt "Gestern war ich bei Oma" - heißt das, sie war vor einiger Zeit bei der Oma. Und heute Morgen - als Redensart fällt ihr besonders schwer: Was denn nun? Heut oder morgen???
    Der Große wird bald 7. Mit ihm haben wir das schon durch, sein Verständnis wird langsam besser - durch Rituale im Alltag. Derzeit hippert er seinem Geburtstag entgegen - noch 27 mal schlafen, das ist für ihn noch fast ein Jahr!

    LG
    Zottellotte Sonja

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    1. 27 mal ist ja auch echt eine lange Zeit und es klingt viel länger als "nicht mal mehr vier Wochen" :D
      Die Erzählungen von deiner Kleinen trafen hier auch eins zu eins zu. Insbesondere "heute Morgen" war bislang immer ganz schwer zu verstehen und wenn man mal länger darüber nachdenkt, dann kann man die verzweifelten Blicke der Kleinen auch irgendwie ganz gut nachvollziehen, oder? :D

      Lieblingsgrüße

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  2. Meine Kleine ist 5 1/2 und bringt sage und schreibe alle Zeiten durcheinander. Wenn wir uns für "heute nachmittag" etwas vornehmen, geht ein Aufschrei durch sie und die Küche "Ich will aber heute!!"..äh ja ;) Und auch gestern, morgen, übermorgen, vorgestern, alles durcheinander. zweimal schlafen..sowas geht noch am besten. Ich finde es total bezaubernd und liebenswert und glaube, irgendwann wird es, ohne dass ich groß verbessere. Denn ich finde es einfach zu niedlich, als dass ich sie korrigiere.
    Manchmal hab ich abends die Eieruhr gestellt, wenns so gar nicht vorwärts ging. Aber das haßt sie und ich mach es nicht mehr. Trotzdem drohe ich da manchmal...dass wir gar keine Geschichte mehr lesen können oder so. Naja, auch nicht fein, aber irgendwann ist jede Kraft zu Ende .. ach die Zeit. Ich denke viel drüber nach und versuche bewußt, ihr Zeit zu lassen und zu geben und sie möglichst nicht brutal aus etwas rauszureißen. Denn das sage ich mir oft, dass Zeit für Kinder so anders ist. Oder gar nicht ist. Und wie schön ist das denn!!!?
    Lieber Gruß,
    dörte

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  3. Mein Großer fing mit ca. 3,5 Jahren an zu fragen, ob es sich um ein kurzes, mittleres oder langes Gleich handele, wenn ich mal wieder sagte, gleich kann ich dir helfen kommen ;-)
    Den Timer gibt's bei uns auch ab und zu oder die Ansage in 5 Minuten ist Schluß mit Spielen, dann in 3 und nochmal in 1 Minute runter gezählt. Dann sind sie meistens auch schon vorher bereit aufzubrechen.

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  4. ...ein bemerkenswerter Post, der so ganz und gar {wieder so ominöse Wortveranstaltung] seine Berechtigung hat. Übrigens lese ich zur Zeit ein Buch über das Internet für Kinder, beziehungsweise dem Umgang damit und möchte es danach gerne verschenken!

    Ich wünsche Dir ein wunderschönes 🌻🌻🌻 Wochenende und
    sende herzliche Grüßle, Heidrun

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